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Digitale Barrieren in der Arbeitswelt abschaffen

„Bei der Entwicklung von digitalen Angeboten und Werkzeugen sollten Menschen mit Behinderungen von Anfang an beteiligt werden. Sie sind Expert*innen in eigener Sache und wissen am besten, welche Barrieren gar nicht erst entstehen sollten. Ihre Beteiligung ermöglicht es den Anbietenden, Produkte und Dienstleistungen zu schaffen, die alle gut nutzen können. Barrierefreiheit auch im digitalen Raum ist ein Gewinn für alle und ein Qualitätsmerkmal eines modernen Landes.“

Abschlussdiskussion mit den Teilnehmenden der Fachtagung

Mit diesen klaren Worten begrüßte Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, die rund 100 Gäste vor Ort im Kleisthaus in Berlin sowie die in der Spitze fast 300 gleichzeitig Zuschauenden an ihren Computern beim Live-Stream am vergangenen Donnerstag, 29. Februar 2024.

Mit seinem Grußwort machte Jürgen Dusel den Auftakt zur hybriden Fachtagung des Projekts Teilhabe 4.0 und gab dann die Bühne frei für die beiden Projektpartner, Kompetenzzentrum Barrierefreiheit Volmarstein (KBV) aus Wetter (Ruhr) und BAG SELBSTHILFE. Seit vier Jahren arbeiten sie engagiert zusammen und haben Lösungen entwickelt, um die „digitale Barrierefreiheit in der Arbeitswelt“ voranzubringen.

Denn so skizzierte Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE, eindringlich: „Digitale Barrieren schließen oft Senior*innen oder Menschen mit Behinderungen vom Geschäftsverkehr und vom Arbeitsleben aus.“ Dies sei umso misslicher, wenn es sich um Angebote und Dienstleistungen handele, die für alle Bürger*innen unabdingbar seien wie eine Terminvereinbarung beim Arzt oder das Einlösen eines E-Rezepts. „Vor allem sei es nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Behinderungen zusätzliche Nachteile in der Arbeitswelt erleiden, weil für sie digitale Barrieren bestehen“, fasste Danner die Ausgangslage des Projekts nochmals zusammen.

Dank des durchgeführten Projekts Teilhabe 4.0, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Ausgleichsfonds gefördert wird, konnte ein Schulungsportal entwickelt und bereits zahlreiche Schulungen für Trainerinnen und Trainer zur digitalen Barrierefreiheit durchgeführt werden. Ergänzend wurde eine Toolbox für eine barrierefreie digitale Arbeitswelt aufgebaut. Beide Angebote, Schulungsportal und Toolbox, sind so aufbereitet, dass auch kleinere Unternehmen und Verwaltungen mit geringen Personalressourcen den Anschluss behalten und der Transfer in den Arbeitskontext gelingen könne, so die Projektmitarbeitenden.

Die Projektleiterin und stellvertretende Leiterin des KBV, Annika Nietzio, mahnte dennoch an: „Wir leben in Zeiten rasanter technologischer Weiterentwicklungen. Diese bieten viele Chancen für die Barrierefreiheit. Aber bei unbedachter Umsetzung können auch neue Barrieren entstehen.“ So sei die Nutzung von KI-gestützter Technologie zumindest im Moment nicht bedenkenlos möglich, denn die KI sei nur so gut, wie man sie zuvor mit Informationen gefüttert habe.

Während der fast sechsstündigen Tagung konnten sowohl Gäste aus dem Publikum als auch von zuhause per Chat ihre Fragen an die Podiumsteilnehmenden stellen. Souverän und mit gekonnten Auflockerungsübungen gespickt, moderierte Dörte Maack durch dieses vielschichtige Thema und die zahlreichen Meinungen, bei denen auch der Ruf nach kürzeren Umsetzungspflichten und gegebenenfalls Sanktionen hinsichtlich digitaler Barrieren lauter wurde. Übrigens war die komplette Veranstaltung barrierefrei. So übersetzten Gebärdendolmetscherinnen, Schriftsprachdolmetscherinnen und Leichte Sprache-Dolmetscherinnen vor Ort das Gesagte.

Auch wenn dieses Projekt Teilhabe 4.0 im Juni seinen Abschluss findet, so fängt die digitale Barrierefreiheit für viele erst an. Ab dem 28. Juni 2025 müssen auch erste Produkte und Dienstleistungen von privatwirtschaftlichen Unternehmen beispielsweise im Online-Banking oder der Verlagsbranche barrierefrei gestaltet sein. So steht es im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Und mit dem erwarteten neuen Entwurf zum Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes, werden wohl noch weitere Bereiche der Privatwirtschaft hinzukommen, die dann angemessene Vorkehrungen treffen müssen, um Menschen mit Behinderungen u.a. nicht von der Teilhabe am Arbeitsleben auszuschließen.

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